Der Konsument glaubt an das AMA-Gütesiegel. Folgt dem rot-weiß-roten Pickerl durch die Supermarktgänge. Im Kopf hört er die Hühner gackern. Die Schweine quieken und sieht die Apfelbäume blühen. Was ihm verborgen bleibt, sind der Betrug und die Manipulation seitens der AMA. Einem Verein, der schöner tut als er ist. alles roger? hat hinter die Kulissen geblickt. Von der Werbung über die Geschichte hin zu Kritikern und Verfechtern. Und sich Alternativen angesehen. Kurz: Es ist ein Siegel, das polarisiert. Text: Lauren Seywald
Idyllisch. Der Blick schweift über Österreichs Wiesen und Wälder. Im Stall garantiert uns die Bäuerin: „I schau drauf, dass ma waß, wo des Ferkel geboren is.“ Dass die Hühner an der frischen Luft gackern. Dass Rinder auf den österreichischen Weiden um die Wette laufen. Ein Bauer pflückt den saftig-reifen Apfel vom Baum. Er schaut auf die Region. Im Schlachthof sortieren und verarbeiten die Mitarbeiter sorgfältig. Der Leiter sagt: „I schau drauf, wo das Fleisch geschlachtet und zerlegt wird.“ Damit am Ende die Produkte von lebensfrohen Verkäufern an den Österreicher gebracht werden. „Unsere Sorgfalt. Unser Siegel.“ So heißt es in der Werbung vom AMA-Gütesiegel*. Und jetzt kehren wir wieder in die Realität zurück. (*Link: https://www.youtube.com/watch?v=fyv2aoO6-iM)
„Ich habe gehofft, dass dort, wo Österreich draufsteht, auch Österreich drinnen ist. Aber das ist nicht passiert“, stellt Leo Steinbichler fest. Viele bezeichnen den Landwirt und Politiker als Bauernrebell. Kritisch ist er. Das Wissen dafür hat er auch. „Wofür sollten sonst 388.000 Tonnen Fleisch im Jahr in unser Land importiert werden?“ Und ein Landwirt gesteht: „Es fehlt an den Medien, die über diese Ausbeutung berichten.“ Jetzt nicht mehr.
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Die Geschichte. Ausgezeichnete Qualität. Nachvollziehbare Herkunft. Unabhängige Kontrollen. Dafür will das AMA-Gütesiegel seit 1994 stehen. Eingeführt durch den damaligen Landwirtschaftsminister Franz Fischler, sollte das Siegel dem Konsumenten zeigen, welche Produkte aus Österreich stammen. Denn mit dem EU-Beitritt ein Jahr später waren die Grenzen offen für Lebensmittel aus aller Herren Länder. Orientierungshilfen für den Einkauf waren nötig. Seit damals klebt auf zahlreichen Verpackungen das rot-weiß-rote Pickerl. Die Richtlinien basieren laut eigenen Angaben auf dem 125 Jahre alten österreichischen Lebensmittelkodex vom Bundesministerium für Gesundheit. Genehmigen muss es das Ministerium für Land- und Forstwirtschaft. Es kann jeder (Bio-)Bauer oder Gas-tronomiebetrieb das AMA-Gütesiegel-Programm beantragen, der die vorgeschriebenen Kriterien einhält. Fünf Siegel sind dabei zu vergeben: das gängige AMA-Gütesiegel, das AMA-Biosiegel, Gutes vom Bauernhof, das AMA-Handwerksiegel und das AMA-Gastrosiegel. (auf amainfo.at nachzulesen) Und seit man 1995 den ersten Werbeslogan „Bei meiner Ehr“ in die Köpfe der Menschen gesät hat, hört sich das Rad des AMA-Marketing nicht mehr auf zu drehen.
Schlappe 28,2 Millionen Euro im Jahr nimmt sich das AMA-Marketing aus dem Topf des Bauernbudgets. (19,4 Millionen Euro holt sich übrigens die Grüne A1 Breitband-Linie und 13,6 Millionen die Ländlichen Fortbildungsinstitute der Landwirtschaftskammer) Das ist jenes Geld, das eigentlich den Bauern zugutekommen sollte. Und nicht einmal diese hohen Summen reichen aus. Stattdessen darf jeder Fleisch- und Milchbetrieb noch zusätzlich hohe AMA-Marketing-Beiträge zahlen. (Getreide-Anbau ist nicht inbegriffen.) Das Inte-ressante: Auch, wenn der Bauer seine Milch nach Bayern verkauft, muss er die Beiträge zahlen. Mit der Ausrede, dass ihm der Transport abgenommen wird. Das Land wird derweilen mit Plakaten und Werbevideos überschüttet. Am Ende prahlt die AMA mit ihrem Bekanntheitsgrad. Darauf schaut man.
Zwei Seiten der Münze. Und wer nicht zahlen kann, kommt in die Abhängigkeit. „Ich könnte meinen Betrieb mittlerweile ohne Gelder der AMA nicht mehr halten“, so der Waldviertler Landwirt. Hinter diesem Prinzip stecken zwei Ideen. Auf der einen Seite sind die Ausgleichszahlungen wichtig für die Bauern. Und für die Konsumenten, damit diese nicht so tief ins Geldtascherl greifen müssen. Denn der „Agrarmarkt Austria“ zahlt Förderungen an die Länder (in weiterer Folge den Bauern) für besondere Leistungen und Projekte aus. Im Jahr 2016 (Stand: 31. August) waren das 123,45 Millionen Euro an Auszahlungen. (einzusehen auf: ama.at) Das betrifft zum Beispiel das Agrarumweltprogramm. So kriegt der Bio-Landwirt Geld für die Rückgangsproduktion. In anderen Worten: Da Bio bedeutet, auf chemische und herkömmliche Produkte zu verzichten, erzielt er einen geringen Ertrag. Damit er den Bio-Betrieb trotzdem weiterführen kann, bekommt er diesen Rückgang von der AMA ausgezahlt. Ohne diese Unterstützung, müssten die Preise der Produkte angehoben werden. Und der Konsument könnte sich qualitativ hochwertige Lebensmittel schwerer leisten.
Das betrifft nicht nur die Bio-Produkte sondern auch herkömmliche Lebensmittel. „Man wollte die Lebensmittelversorgung garantieren und Hungersnöten wie nach dem Zweiten Weltkrieg vorbeugen“, erklärt eine junge Dame, deren Familie selber einen Hof in Salzburg zur Milchproduktion hat. „Das AMA-Gütesiegel ist wichtig für uns, um unsere Produkte auf dem Markt hervorzuheben.“ Denn in vielen Ländern existiert ein solches Markenzeichen gar nicht. Dafür nehmen sie auch die vielen Kontrollen in Kauf.
Ein Stichwort, das den meisten Landwirten übel aufstößt. „Die AMA ist geschaffen worden, um die Bauern zu beschäftigen“, sagt ein anderer Landwirt aus dem Waldviertel, dessen Name öffentlich nicht genannt werden soll, weil ihm sonst zusätzliche Kontrollen drohen. Denn wer Kritik an der AMA übt, wird ganz schnell mundtot gemacht. „Da ich in der Öffentlichkeit nicht aufscheine, hat man mich seither zwei Mal kontrolliert. Seit 1995.“ Nicht, so wie bei AMA geschrieben, alle drei Jahre. „Die AMA führt die Kontrollen risikobasiert durch“, sagt die junge Salzburger Landwirtin. Nun, ein solches Risiko kann viele Gesichter haben. Das bleibt jetzt der Fantasie überlassen.
Fakt ist, dass das AMA-Gütesiegel-Programm eine immense Bürokratielast für die Bauern darstellt. Jedes Jahr muss bis zum 15. Mai ein neuer Antrag auf das Gütesiegel gestellt werden. Kleinigkeiten können zu zusätzlichen Anforderungen führen. Zum Beispiel ein Brief Anfang Mai, dass eine Übernutzung vorherrscht, obwohl dies bereits geklärt ist. Zusätzlich gibt es drei Formen der Kontrolle: Die Eigenkontrolle durch den Bauern selbst. Die unabhängige Kontrolle inkludiert vier verschiedene Kon-trollen durch AMA. Und die Überkontrolle erlaubt einer zusätzlichen Instanz, noch einmal den ganzen Hof auf den Kopf zu stellen. „Was bringt es, wenn ein Kontrolleur das gleiche Markerl am Ohr der Kuh aufschreibt, das am Tag zuvor die AMA kontrolliert hat?“, fragt sich Herr Steinbichler. Für jede Prüfung darf der Bauer auch zahlen. Das heißt, wenn die Überwachung zunimmt, stellt sich die Frage, ob sich das Gütesiegel unterm Strich noch rentiert. Und nicht zu vergessen, eine Dokumentation sämtlicher Geschehnisse am Hof. Ein immens dicker Stapel an Formularen ist jährlich auszufüllen. Mit Ja oder Nein Antworten, ob man die Qualitätskriterien einhält. Man will alles wissen. Jedes Korn. Jedes Kalb. Jedes Arzneimittel. Jedes WC für die Mitarbeiter. Hauptsache der Bauer fühlt sich überwacht. Und der Konsument glaubt, durch die scheinbar harten Kontrollen entstehe Qualität.
Bauern in der Falle. „Das ist alles nur ein riesiges Geschäftsmodell! Die Einzigen, die davon profitieren, sind der Handel und die Verarbeiter“, klärt Leo Steinbichler auf. Die Abhängigkeit der Bauern führt zu Macht aufseiten der Gegenseite. Die Preise für Land, Milch, Sau und Rind fallen in den Keller. So berichtete der ORF über die enttäuschende Versteigerung der Milchkühe in Tirol. (Link: http://tirol.orf.at/news/stories/2793948/) Durch den niedrigen Preis für Milch fällt auch der Viehpreis. Das treibt die Bauern in Existenznöte. Jahrelang hätscheln und tätscheln die Bauern ihre beste Kuh. Damit man sie für gutes Geld verkaufen kann. Doch heuer gingen die meisten leer aus. Die Folge ist, dass der Bauer sein Hab und Gut verkaufen muss. Anwärter darauf gibt es genug. Sie scharren schon in den Startlöchern, um neue Biogas-Äcker umzugraben und der Industrie noch mehr Platz zu geben. „Landraub auf Österreichisch nenn ich das“, so der Experte.
„Zu Beginn des EU-Beitritts lockte man die Bauern mit den Prämien der AMA. Doch man sagte uns nur die halbe Wahrheit. Am Anfang freute man sich darüber, mehr in der Tasche zu haben. Doch heute wird der Bauer nur noch ausgenutzt“, bedauert der Landwirt aus dem Waldviertel. „Es soll immer mehr in immer weniger Zeit produziert werden.“ Die Rede ist von Überschuss. Von Export. Eine Ausrede, um den Bauern noch enger in die Ecke zu treiben. Hauptsache, das Lagerhaus verkauft fleißig Saatgut, Kunstdünger und Spritzmittel. Und die Kontrollstellen haben was zu tun. Die Schweinehalter haben sich mehr als halbiert. Die Rinderhalter halbiert. „Das System wird an die Wand fahren. Es steht schon an der Kippe. Die Bauern können das Land bald nicht mehr bewirtschaften. Denn die großen Grünflächen rentieren sich nur über den Milchbetrieb“ , so die Landwirte. Doch dafür gibt es kaum noch Verwendung. Damit die gewünschte Hochleistung bei den Milchkühen erzielt werden kann, reicht das Heu nicht mehr aus. Futtermittel aus dem Ausland wie Soja, Mais, Luzerne werden zugekauft. Die Aufgaben der Bauern gehen verloren. „Sie sind für die Biodiversität, die Pflege der Landschaft und die Erhaltung seltener Kulturpflanzen und Tierrassen zuständig“, sagt die Salzburgerin. Doch Schritt für Schritt zerstört der Größenwahn der Konzerne alles.
Der Betrug am Konsumenten. Zunächst ein Blick auf die Beschreibung des AMA-Gütesiegels (laut amainfo.at): „Wo immer Sie dieses Zeichen sehen, können Sie sicher sein: Hier handelt es sich um ein hochwertiges, streng kontrolliertes Produkt, dessen Herkunft zu 100 Prozent nachvollziehbar ist. Das AMA-Gütesiegel ist ein behördlich anerkanntes Gütezeichen. Es gibt verlässlich Auskunft über nachvollziehbare Herkunft, hohe Qualität und unabhängige Kontrolle.“ Das Siegel gilt für folgende Produkte: Fleischwaren, Milchprodukte, Käse, Eier, Gemüse, Obst, Speiseerdäpfel, Blumen, Bio.
Also „sicher“ können Sie leider nie sein. Zumindest nicht, was die derzeitige Lebensmittelindustrie betrifft. Denn es gibt zwei Schlupflöcher in der Lebensmittelproduktion, die Ausnahmen zur Regel machen. Das erste betrifft die Herstellung. Wenn ein bestimmter Rohstoff zu knapp ist, darf man diesen durch einen anderen ersetzen. Das heißt, der Bauer, darf sein Bio-Heu durch konventionelles Futter ersetzen. Das Bio-Fett darf durch Palmöl ersetzt werden. Dem Joghurt aus Österreich dürfen Bananen aus dem Ausland untergemischt werden. Die Gewürze in der Wurst, wenn es noch welche sind, werden importiert. Laut offiziellen AMA-Richtlinien dürfen solche Zusatzstoffe maximal ein Drittel des Produktes ausmachen. Doch was soll man machen, wenn zufällig gewisse Ressourcen nicht vorhanden sind? Wie kann es sonst sein, dass die beste österreichische Hochleistungskuh in einem Bio-Stall steht? Das Argument, dass man alles nur im Umkreis von 30 Kilometern kauft, überzeugt dann auch nicht mehr. Im genannten Umkreis finden sich nämlich Großkaufhäuser wie Wedl oder AGM, die alles anbieten.
Das zweite Problem ist die Verarbeitung. Besonders in Bezug auf Fleisch. „Am Schlachthof kommt alles zusammen“, so Leo Steinbichler, Landwirt und Politiker. Vom Bio-Rind bis hin zum Schwein aus Tschechien. Vielleicht unterscheiden sich die Narkosemittel. Doch nicht der Schlächter. Nicht der Umgang mit den Tieren. Dazu hat der Verein gegen Tierfabriken 2015 Undercover-Recherchen auf den Schlachthöfen Österreichs gemacht. Allesamt AMA-zertifiziert. (http://vgt.at/actionalert/schlachthofskandal/index.php) Es muss jeder selber entscheiden, ob er diesen Bildern glauben schenken will oder nicht.
Zurück bei der Verarbeitung gibt es ein Hauptproblem: „Nur 13 Prozent des Fleisches werden ganz verkauft, der Rest wird verarbeitet“, sagt Steinbichler und spricht dabei von einem „Verlust der Essenskultur“. Das Frischfleisch lässt sich noch identifizieren. Hier ist auch gesetzlich vorgeschrieben, dass die Länder aufgedruckt sind. Doch bei Knacker, Leberwurst, Extrawurst und Co. kann alles drinnen sein. Oft sogar dasselbe. Die Fleischwaren unterscheiden sich einzig in der Verpackung, der Form und den Gewürzzusätzen. Möglicherweise befinden sich dort drinnen die 2,2 Millionen Schweine, die vom Ausland nach Österreich transportiert werden. Denn auch hier gilt, was zu wenig vorhanden ist, muss leider ersetzt werden. Aber Hauptsache, der Konsument bekommt die Ware um 25 Prozent oder sogar 50 Prozent billiger. „Kann das ein Qualitätssiegel sein?“, fragt sich der Landwirt.
Der Österreicher verfällt einem Marketing-Schmäh sondergleichen. Und wenn das gängige AMA-Gütesiegel nicht mehr punktet, wird ein Bio dran gehängt. Wo die eine Masche nicht mehr zieht, muss eben eine andere aufgebunden werden. Sie nennen sich Ja! Natürlich, Zurück zum Ursprung oder Veggie. Es ist nicht abzustreiten, dass man hier ehrlichere Produkte kauft. Dass man sich gutes Gewissen kauft. Doch auch hier liegt es schlussendlich beim Bauern und den Schlachthöfen, was wirklich drinnensteckt. Und dieser kleine Bereich macht das Kraut auch nicht mehr fett. Was bringt die Ja!-Natürlich-Ei-Schachtel neben zehn Bodenhaltungs-Ei-Schachteln? Wo doch das Flüssigei in der Gastronomie und das Trockenei in der Backindustrie ausschlaggebend sind. „Was bringen mir die paar steirischen Äpfel, die ich im Supermarkt verkaufe, wenn die meisten Produkte mit Konzentraten hergestellt werden?“, fragt sich ein Bauer. Und die Agrarmarkt Austria spannt sich über das ganze System. „Die AMA sieht, weiß und kann alles.“
Lösungsvorschläge. Die drei beherrschenden Großkonzerne am Markt sind: REWE, Spar und Hofer (Aldi). An sie muss der Bauer verkaufen, wenn er seine Erzeugnisse in großen Mengen verkaufen will. Mit dem nötigen Geld wird noch ein AMA-Stempel draufgesetzt. Doch diese Monopolisierung muss zerschlagen werden. „Indem der Konsument wieder regional und saisonal einkauft“, so die Salzburger Landwirtin voller Hoffnung. Für sie ist klar, was zu tun ist: „Das Bewusstsein beim Konsumenten gegenüber dem Essen muss wieder geweckt werden. Sowohl beim Einkauf im Supermarkt als auch beim Gang ins Restaurant.“ Sich fragen, wo das Fleisch herkommt. Von welcher Henne das Ei gelegt wurde. Auf welchen Feldern die Tomaten gewachsen sind. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass Lebensmittel nicht selbstverständlich sind. Heutzutage herrscht ein Überfluss, der vergessen lässt, dass Produkte einen Ursprung haben müssen. Dieser Ursprung hat Einfluss auf unseren Körper. „Du bist, was du isst, heißt es. Vom Essen hängt unsere Lebensqualität ab“, stellt die Salzburgerin klar.
Das Umdenken in den Köpfen der Menschen fängt langsam an. Man merkt, dass Fertigprodukte auf Dauer nicht gesund sind. Dass Take-away nicht immer die Lösung ist. Dass die Früchte aus Thailand einen bitteren Nachgeschmack haben. Gerade Österreicher sind sehr anspruchsvolle Konsumenten. Sie fordern qualitativ hochwertige, transparente Produkte. Die Mittel dafür sind vorhanden. Sie sind auch bereit, dafür einen höheren Preis zu zahlen. Doch es gibt eine gute Nachricht: „Gutes Essen muss nicht teuer sein“, davon ist Leo Steinbichler überzeugt. Wenn sich die regionalen Produkte wieder durchsetzen und dem Import Einhalt geboten wird, dann lösen sich auch die teuren Bio-Marken der Großkonzerne auf. Seine Aussage ist ganz klar: „Wo Österreich drauf steht, muss Österreich drinnen sein. Es braucht reine AMA-Verarbeitungs-Betriebe. Ohne Import. Ohne Export. Ohne Ausnahmen.“
Neue Lösungen entstehen. Doch sie dürfen nicht wieder von den Großhandelsketten als Verkausmascherl missbraucht werden. Der größte Feind der Bio-Landwirtschaft sind AMA-Biosiegel, Ja! Natürlich und Co. Denn Bio geht weg vom Kapitalismus. Und hin zum Leben mit der Natur. Wie es zum Beispiel die Demeter-Bauern tun. „Es geht nicht nur ums Nehmen, sondern auch ums Geben“, sagt die ehemalige Demeter-Bäuerin Waltraud Neuper. Ihre Familie betreibt eine biologisch-dynamische Landwirtschaft. Die Idee ist in den 1920er-Jahren durch Rudolf Steiner entwickelt worden. Der Hof als ein geschlossenes System. Die Landwirtschaft erhält sich durch sich selber. Sprich keine externe Einkäufe, wie Futter- oder Düngemittel. Der Boden wird gepflegt und erhalten in Verbindung mit der Tierhaltung. Deshalb braucht es auf dem Hof mindestens drei Tierarten. Also zum Beispiel Schwein, Rind und Henne. Es herrscht ein enges Verhältnis zwischen Bauer und Natur. Aber auch zum Händler und den Konsumenten. Die Demeter-Lebensmittel gibt es in Supermärkten, Bio-Läden und zum Beispiel bei dm zu finden.
Indem der Österreicher solche und ähnliche Produkte kauft, auf die offenen Märkte der Bauern geht und einfach einmal kritisch hinterfragt, zeigt er dem System, dass es so nicht weitergehen kann. „Ich glaube, das Problem ist, dass Menschen Sicherheit gegenüber der Freiheit bevorzugen. Auch der Bauer lässt sich die Milch lieber mit dem großen Lastwagen abholen und vermarkten, als direkt an die Käufer heranzutreten“, zeigt Frau Neuper auf. Doch am Ende wird es uns mehr kosten, als wir sparen. Wenn Wiesen zu braunen Äckern werden, nur noch eine Rasse von Rind und Huhn existiert und unsere Körper von Giften zerstört sind. Dann sehen wir die wahren Kosten. Die Zeit drängt. Doch es ist noch nicht zu spät. Für ein nachhaltiges Miteinander. „Aber zuerst muss man immer bei sich selber anfangen“, gibt uns die Landwirtin zu verstehen. Damit die idyllischen Bilder aus der Werbung zur Realität werden.